Radunfälle – Statistik 2014

Karte Radunfälle Landkreis Osterholz 2014
Polizeilich gemeldete Unfälle mit Radfahrerbeteiligung 2014
Was tun gegen Unfälle mit Radfahrern? Seit gut zwei Jahren beschäftigt mich diese Frage, und nicht nur mich. Die im Jahr 2014 recht umfangreiche Berichterstattung zur Critical Mass hat in Zeitungen und Internet erneut zu vielen oft hitzigen Debatten über verkehrspolitische Strategien und Fehlverhalten der (fast immer: anderen) Verkehrsteilnehmer geführt. Gegenseitige Schuldzuweisungen münden dann meist in plakativen Einzelfall-Schilderungen rücksichtsloser Autofahrer auf der einen und Fußweg-rasender „Kampfradler“ auf der anderen Seite.

Daten-Analyse für OHZ

„Vorurteil-Bashing“ ist nun sicher keine geeignete Strategie, um die Verkehrssicherheit hier in der Region (oder anderswo) zu erhöhen. Anfang 2014 wollte ich mir deshalb zunächst mal einen Überblick verschaffen, welche und wieviele Unfälle überhaupt zur Debatte stehen, und inwieweit sich aus den Unfallmeldungen Hinweise für besondere Gefahrenschwerpunkte ergeben.

Radunfälle Landkreis Osterholz 2014
Verteilung über das Jahr
Eine Statistik dazu fand ich nicht, deshalb habe ich Anfang 2014 begonnen, Polizeimeldungen über Unfälle im Landkreis Osterholz selbst zu erfassen. Grundlage dieser Untersuchung sind die 85 Pressemitteilungen der Polizeiinspektion Verden / Osterholz über Unfälle mit Beteiligung von Radfahrern im Landkreis Osterholz.

Ergebnisse

An den 85 gemeldeten Unfällen waren insgesamt 90 Radler beteiligt, 56 Radfahrer und 33 Radfahrerinnen (1-mal unbekanntes Geschlecht). Am häufigsten traf es Kinder und Jugendliche im Alter von 11-20 Jahren (24), gefolgt von den 51-60-Jährigen (12) und 71-80-Jährigen (10). Über das Jahr waren die Unfälle überraschend gleichmäßig verteilt, nur Juni und Juli stachen mit je 14 Meldungen heraus. Die von mir erwartete „Winterpause“ aber gab’s selbst im Januar und Dezember mit 6 bzw. 7 Unfällen nicht. Von den Wochentagen fällt nur der Sonntag mit unterdurchschnittlichen 4 Unfällen auf, während Montag bis Samstag recht gleichförmig 11-15 Unfälle aufweisen. Im Tagesverlauf waren die Zeiten 7:00-8:00 und 14:00-15:00 Uhr mit jeweils 11 Unfällen am gefahrenträchtigsten, vermutlich in Folge des dann besonders starken Schülerverkehrs.

Radunfälle Landkreis Osterholz 2014
Unfallgegner
Wie die oben gezeigte Landkarte mit jeweils einer roten Stecknadel für jeden gemeldeten Unfall schon erkennen lässt, ereigneten sich die weitaus meisten Unfälle innerhalb geschlossener Ortschaften (77 innerorts, 7 außerhalb, 1 unklar).

Die Schuldfrage ist aus den Polizeimitteilungen nur eingeschränkt beurteilbar, außerdem bin ich kein Verkehrsjurist. Recht klar ist die Sache bei Unfällen ohne Fremdbeteiligung (4, davon 3 unter Alkoholeinfluss), auch beim Auffahren auf stehende PKW (4, davon 1 unter Alkohol) und bei Unfällen zwischen Radfahrern (5, davon 3 beim Überholen) liegt die Schuld eindeutig beim Radfahrer.

Bei Unfällen mit motorisierten Fahrzeugen (PKW, Kleintransporter, Trecker, LKW, Mofa oder Roller) lag in 19 von 65 Fällen ein Fehlverhalten des Radfahrers vor, sei es unachtsame Straßenquerung (9), Befahren von Gehwegen (7) oder Missachtung der Vorfahrt (2). In 6 Fällen konnte die Schuldfrage nicht ermittelt werden (1) oder war aus der Polizeimeldung nicht ersichtlich (5, davon 2 beim Befahren linker Radwege). Bei 40 von 65 Unfällen (62.5 %) wurde ein Fehler des KFZ-Führers gemeldet, allein 16-mal bei Kollisionen mit Radlern auf linksseitigen Radwegen.

Unfallcharakteristika
Bemerkenswert ist die Betrachtung einiger Unfallcharakteristika, wobei Doppelnennungen möglich sind (z. B. Alkoholeinfluss und Missachtung der Vorfahrt).

Selbst bei dieser mit Sicherheit unvollständigen Aufstellung (nicht alle Meldungen enthalten solche Details) bestätigt sich auch in dieser Untersuchung die Gefährdung durch linksseitige Radwege, die Unfallforschern lange bekannt ist. 40 % der von Autofahrern verschuldeten Unfälle ereigneten sich auf linken Radwegen.

Mein Fazit

Auf den 1. Blick schienen mir 85 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung (0,8 pro 1.000 Einw.) jährlich ganz schön viel zu sein. Verglichen allerdings mit den Zahlen von 2012 für den LK Osterholz (146 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung) und der Statistik für Berlin 2012 (2,1 Fahrradunfälle pro 1.000 Einw.) kann man wohl eher „zufrieden“ sein. Wobei ein Vergleich mit Berlin angesichts des dort größeren Einzugsbereiches und höheren Radverkehrsanteils sicher mit Vorsicht zu genießen ist.

Unfallschwerpunkte sind der Verkehr in geschlossenen Ortschaften und hier ganz besonders die linksseitigen Radwege. Besonders gefährdet sind Verkehrsteilnehmer im Alter von 11 bis 20 Jahren, vermutlich auf dem Weg zur Schule und auf dem Heimweg. Aus meiner Sicht besteht das größte Potenzial zur Erhöhung der Verkehrssicherheit demnach in der Abschaffung benutzungspflichtiger linksseitiger Radwege, wie es in der Stadt Osterholz-Scharmbeck im Oktober 2014 weitestgehend geschehen ist. Positiv kann sich das aber nur auswirken, wenn die Radfahrer danach nicht verbotswidrig die Fußwege und die verbleibenden „sonstigen“ (also nicht mehr benutzungspflichtigen) Radwege linksseitig benutzen. Nach meinem derzeitigen Eindruck ist hier noch eine Menge Aufklärungsarbeit und Verkehrsüberwachung nötig. Dabei scheinen sich die Schulen als Ort der Aufklärung und die Stunden von 7:00-8:00 und 14:00-15:00 Uhr als lohnende Überwachungszeiten geradezu anzubieten.

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