
Als die vorherige Synagoge an der Teichstraße -vor der heutigen Menckeschule- 1864 einem Brand zum Opfer gefallen war, entschloss sich die jüdische Gemeinde rasch zu einem Neubau. An der damaligen Chausseestraße direkt an der Furt (=Wurth) durch den Scharmbecker Bach entstand die seinerzeit größte Synagoge in der Drostei Stade mit 150 Sitzplätzen für Männer und einer Galerie für Frauen. Im westlichen Gebäudeteil war im Erdgeschoss die Jüdische Schule untergebracht, im 1. Stock die Lehrerwohnung.
Hier wohnte und arbeitete von 1894 bis 1938 Leo Löwenstein, u. a. Lehrer und Vorbeter der Jüdischen Gemeinde Scharmbeck sowie anerkannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Die Löwenstein’sche Schulchronik endet 1938 mit dem Vermerk, dass die Gemeinde noch aus 31 Personen besteht und die Synagoge wegen Ausfalls steuerkräftiger Mitglieder und zusätzlicher Belastungen nicht halten kann.
In der sog. Reichspogromnacht 9. November 1938 setzten SA-Männer die Synagoge in Brand, der aber nach anfänglichem Zögern letztlich von der Feuerwehr gelöscht wurde. 1941 wurde in dem Gebäude die Kreisluftschutzschule eröffnet.
2004 wurden die Grundstücke Bahnhofstr. 99-105 von einem auswärtigen Immobilienunternehmen aufgekauft und die bestehenden Gebäude abgerissen. Es entstand ein Wohn- und Geschäftsgebäude, Richtfest war im Oktober 2005. Dort finden sich u. a. Filialen von Aldi, Vodafone und O2. Auf einem kleinen Teil des ehemaligen Synagogengrundstückes hat die Stadt Osterholz-Scharmbeck eine Gedenkstätte für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus errichtet, die 2006 eingeweiht wurde. Der Verkauf der Immobilie Bahnhofstraße 105 hat seinerzeit zu sehr emotional geführten Diskussionen über dessen Rechtmäßigkeit geführt. Bereits die Bekanntgabe der Pläne 2003 führte zu Kontroversen über etwaiige Entschädigungsansprüche, ausführlicher dargestellt u. a. von Harald Goergens bei hagalil.com.