Die bekanntesten und besucherstärksten Museen im Landkreis Osterholz sind die Große Kunstschau (27.984 Besucher im Jahr 2017), der Barkenhoff (18.555 Besucher), die Worpsweder Kunsthalle (14.220 Besucher) und das Haus im Schluh (9.579 Besucher). Sie alle liegen im „Künstlerdorf Worpswede”. Daneben gibt es im Landkreis eine Reihe von Heimatmuseen, zwei Torfschiffmussen sowie jeweils ein Schmiede- und ein Vogelmuseum.
Streit um öffentliche Förderung
Meinungsverschiedenheiten über die Förderpraxis des Landkreises hinsichtlich der Museen wurden Ende 2018 demonstrativ in der Öffentlichkeit ausgetragen. Anlass war einmal mehr die Zukunft der Museumsanlage Osterholz, deren Betrieb von der Kulturstiftung im Frühjahr 2017 zunächst eingestellt wurde. Seither wird sie provisorisch von einem Förderverein betrieben, unterstützt vom Landkreis Osterholz mit jährlich 50.000 € und der Kulturstiftung in Höhe der Gebäude-Fixkosten. Von Seiten des Landkreises sind 100.000 € jährlich in Aussicht gestellt, sofern es zu einer entsprechenden vertraglichen Einigung über Museumsbetrieb und Grundstückspflege kommt und der Kreisausschuss dieser zustimmt.
Mitglieder und Sympathisanten des Fördervereins hatten offenbar für 2019 auch ohne Vertrag bereits mit 100.000 € gerechnet. Ende November beklagten sie öffentlich: „Wir finden es nicht in Ordnung, wie die Verwaltung mit uns umgeht. Wir reißen uns hier ein Bein aus und was macht der Landkreis?“ und „Der Landkreis entzieht sich seiner Verantwortung“. (Quelle: Osterholzer Kreisblatt 22.11.2018) In Leserbriefen wurden altbekannte Argumente wiederholt: Seit 1999 seien die jährlichen 400.000 € nur nach Worpswede geflossen, das einmalige Vogelmuseum könne nicht einmal 50.000 € zusätzlich zu den bisherigen 50.000 € Betriebskostenzuschuss erhalten und das Engagement der Ehrenamtlichen finde bei den Politikern keinerlei Anerkennung. (Quelle: Osterholzer Kreisblatt 28.11.2018)
Faktencheck
1. Ehrenamtliches Engagement: Ich habe großen Respekt vor ehrenamtlich Tätigen und auch ich arbeite seit vielen Jahren ehrenamtlich. Man sollte aber die Tatsachen nicht auf den Kopf stellen: Ehrenamtler im ursprünglichen Sinn sind gerade jene Kommunalpolitiker, denen hier mangelnde Anerkennung vorgeworfen wird. Bürgerschaftliches Engagement etwa in einem Museums-Förderverein wird zwar in einem erweiterten Wortsinn oft ebenfalls als ehrenamtliche Tätigkeit bezeichnet. Wer aber aus einem solchen Engagement einen Anspruch auf öffentliche Förderung ableitet, hat die Geschichte mit dem Ehrenamt nicht richtig verstanden.
2. Der Blick nach Worpswede: Es ist schlichtweg unwahr, dass die Förderbeiträge des Landkreises ausschließlich nach Worpswede geflossen seien. Fakt ist, das die Museumsanlage Osterholz z. B. 2010 nach Vollkostenrechnung ein jährliches Defizit von knapp 200.000 € erwirtschaftet hat, was knapp der Hälfte des vom Landkreis an die Kulturstiftung gezahlten Defizitausgleichs ausmachte. (Quelle: Sitzungsvorlage 2010/174-1. Landkreis Osterholz 2010) In den letzten Jahren betrug das jährliche Defizit der Museumsanlage Osterholz rund 120.000 € oder etwa 20 € pro Besucher (Quelle: Sitzungsvorlage 2018/143. Landkreis Osterholz 2018), deutlich mehr als bei der Großen Kunstschau in Worpswede.
3. Die vermeintliche oder tatsächliche Verantwortung des Landkreises: Weder der Landkreis noch andere Gebietskörperschaften sind verpflichtet, Heimat- oder Vogelmuseen zu unterhalten oder zu unterstützen. Auch eine Förderung in der Vergangenheit rechtfertigt für sich genommen eine Fortführung dieser Förderung nicht. Oder wie es 2010 Johanna Wanka, damals niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, formulierte: „Klagemauern finanzieren wir nicht“. Allein der Umstand, dass sich jemand über wegbrechende Förderung beschwert, sei kein Grund für weitere Förderung.
Übersicht: Museen im Landkreis Osterholz
Grasberg
Das Heimatmuseum im Findorffhof wird vom Findorff-Heimatverein Grasberg e. V. betrieben. Die Gebäude sind im Besitz der Gemeinde Grasberg. Sie wurden 1976-1985 mit erheblichen Eigenleistungen von Seiten des 1974 gegründeten Heimatvereins errichtet. Das Haupthaus mit dem Heimatmuseum dient als kulturelle Begegnungsstätte für die Aktivitäten des Vereins und vielerlei andere Zwecke. Die Gemeinde Grasberg fördert den Betrieb des Findorffhofes im Jahr 2018 lt. Haushaltsplan mit 8.800 €, für größere Maßnahmen im Rahmen der Unterhaltung sind weitere 8.500 € vorgesehen, hauptsächlich für neue Fenster. (Quelle: Haushaltssatzung und Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2019. Gemeinde Grasberg)
Hambergen
Moorkate und Heimathaus mit Heimatmuseum in Hambergen werden vom Heimatverein Hambergen Ströhe/Spreddig e.V. betrieben. Der 1991 gegründete Verein hat ca. 240 Mitglieder und erhält keine regelmäßigen öffentlichen Zuschüsse. Die Gemeinde Hambergen kommt aber für die Energiekosten der Museumsanlage auf und entsendet an einigen Tagen in der Woche einen Mitarbeiter, der gleichzeitig Hausmeister für die Grundschule und den Kindergarten in Ströhe ist. Für die Pflege und den Erhalt der Anlage und der Geräte arbeiten die Mitglieder ehrenamtlich. (Quelle: pers. Mitteilung W. Samberg, Nov. 2018)
2017 erhielt der Verein für die Einführung einer Audioführung eine einmalige Unterstützung vom Landschaftsverband der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden (2.750,00 €) und der Gemeinde Hambergen (4.912,13 €) (Quelle: Beschlussvorlage Gemeinde Hambergen 6/2017).
Lilienthal
In Lilienthal werden das Schulmuseum und das Emmi-Breuer-Haus vom Heimatverein Lilienthal e.V. getragen. Der Verein wurde 1950 gegründet und hat heute ca. 290 Mitglieder. Die Einrichtungen werden praktisch nicht öffentlich gefördert. Besucher der Museen werden anstatt eines festen Eintrittspreises um Spenden gebeten. Das Schulmuseum befindet sich in einem Schulgebäude der Gemeinde Lilienthal, die für Strom, Heizung, Wasser- und Abwasser aufkommt. Der Verein zahlt keine Miete, trägt aber die Kosten für Reinigung und Instandhaltung des Inventars. Das Heimatmuseum befindet sich seit 2014 im Emmi-Brauer-Haus, das dem Verein 2012 vermacht wurde. Der Verein trägt Unterhalt und Nebenkosten. Von der AG Kultur der Gemeinde Lilienthal bekommt der Heimatverein jährlich wenige hundert Euro u. a. zur Deckung von Defiziten bei Veranstaltungen. Das Heimatmuseum ist ein relativ kleines Museum, in dem auch kleinere Veranstaltungen durchgeführt werden. Im Rahmen des Museums betreibt der Verein das Lilienthaler Archiv, das Schroeter-Archiv und eine Regionalbibliothek mit derzeit knapp 3.000 Bänden. (Quelle: pers. Mitteilung H. Kohlmann, Nov. 2018)
Osterholz-Scharmbeck
Die Museumsanlage Osterholz-Scharmbeck mit dem Norddeutschen Vogelmuseum, dem Heimatmuseum und einem kleinen Museum für Schifffahrt und Torfabbau wurde im Frühjahr 2017 von der Kulturstiftung als derzeitigen Träger geschlossen. Seither organisiert der Verein “Freunde und Förderer der Museumsanlage des Landkreises Osterholz und des Norddeutschen Vogelmuseums“ einen sog. Notbetrieb. Der 1994 gegründete Verein mit ca. 100 Mitgliedern erhält dafür vom Landkreis einen Zuschuss in Höhe von 50.000 Euro jährlich, Fixkosten für Energie, Versicherungen usw. trägt weiterhin die Kulturstiftung. Für die Sanierung des Findorffhauses hat der Landkreis im Haushalt 2018 Honorar- und Planungskosten in Höhe von 400.000 € eingeplant. 2017 zählte die Museumsanlage 3.906 Besucher.
Worpswede
Worpswede erreichte indessen die weit reichendste Reputation als bekannteste deutsche Künstlerkolonie, die bis heute anhält. … Ist die Künstlerkolonie Worpswede aus kunst- und kulturgeschichtlicher Sicht mindestens von besonderer nationaler kultureller Bedeutung, geht ihre tatsächliche Wirkung sogar weit über die Grenzen Deutschlands hinaus.
Quelle: Geodatenportal Land Niedersachen
Der Worpsweder Museumsverbund ist ein Zusammenschluss der zuvor unabhängig voneinander arbeitenden Museen Barkenhoff, Große Kunstschau, Haus im Schluh und Worpsweder Kunsthalle. Der Masterplan Worpswede,ein mit EU-Mitteln in Millionenhöhe geförderte Großprojekt, ermöglichte 2007-2012 eine umfassende Modernisierung der vier Museen. Der Museumsverbund hatte 2017 insgesamt 70.338 Besucher. Pro Jahr zahlt der Landkreis der Kulturstiftung als Trägerin der Großen Kunstschau 400.000 € und der Barkenhoffstiftung 35.000 € als Betriebszuschuss, letztere hat zusätzlich 130.000 € vom Land Niedersachsen erhalten.
Schlußdorf
Auf dem Gelände einer ehemaligen Torfschiffswerft im Worpsweder Ortsteil Schlußdorf befindet sich seit 1977 das Torfschiffswerft-Museum, betrieben Heimatverein Schlußdorf. Die Immobilie wurde vom Verein erworben und mit finanzieller Unterstützung von Landkreis, Gemeinde Worpswede und Sponsoren renoviert.
Schwanewede
Das Beckedorfer Schmiedemuseum wird vom Förderverein des Beckedorfer Schmiedemuseums e. V. betrieben. Der 1996 gegründete Verein hat 78 Mitglieder und erhält keinerlei öffentliche Fördermittel. (Quelle: pers. Mitteilung N. Krause, Nov. 2018)
Kommentar
Schwer zu verstehen, warum hundert Freunde und Förderer der Osterholzer Museumsanlage zur Zeit so überproportional Gehör finden. Gibt es doch eine ganze Vielzahl anderer Förder- und Heimatvereine im Kreisgebiet mit teilweise doppelt so vielen Mitgliedern, die seit Jahrzehnten ehrenamtlich für ihre Museumseinrichtungen arbeiten. Es mag ein kluger Verhandlungs-Schachzug zu sein, in dieser Situation auch ohne vertragliche Gegenleistung einfach das Doppelte zu fordern. Wie aber soll das den Freunden der anderen Museen im Kreisgebiet erklärt werden, die für ihr Engagement kaum mehr als den berühmten Tropfen auf den heißen Stein erhalten. Und die vermutlich schon Freudentränen vergießen würden, wenn sie nur die Hälfte der bereits zugesagten 50.000 € für die Anlage in Osterholz-Scharmbeck erhielten.
Mit Blick auf die vielen anderen Museen im Landkreis kann man den Freunden der Osterholzer Museumsanlage eigentlich nur raten, die Neiddebatte mit Blick nach Worpswede möglichst rasch zu beenden. Bei allem Lokalpatriotismus als Osterholz-Scharmbecker, die Sonderstellung der Worpsweder Museen lässt sich einfach nicht leugnen. 70.000 Besucher im Jahr, viele von ihnen Auswärtige, das ist schon eine Hausnummer für die ganze Region. Ein Vergleich mit den vielen liebevoll betriebenen Heimat-, Torfschiff-, Schmiede- oder Vogelmuseen mit einigen Hundert bis wenigen Tausend jährlichen Besuchern kann da nur hinken.
Sehr geehrter Herr Heuser,
ihren Kommentar zur Museumsanlage habe ich interessiert gelesen.
Wie ich dem Artikel entnehme ist das ihr Sachverhalt.
Vielleicht sollten sie mit den Betroffenen kommonizieren, bevor sie so einen Artikel veröffentlichen?
Ich glaube kaum das sie die Hintergründe der aktuellen Ereignisse kennen!
Der Vorstand und die Mitarbeiter sind gerne bereit Ihnen den aktuellen Sachverhalt
zu vermitteln.
Herzlichst Alfons Himpsl
Sehr geehrter Herr Himpsl,
das ist nicht „mein Sachverhalt“, er ist vielmehr Ergebnis ausführlicher Recherchen in Presse, Kreistagsprotokollen und direkter Nachfrage bei den o.g. Betreibern verschiedener Museumseinrichtungen im Landkreis. Sollte ein Sachverhalt unzutreffend dargestellt sein, bitte ich um Korrekturvorschlag, sofern möglich mit Quellenangabe.
Herzlichst, Jürgen Heuser