Teufelsmoor um 1853

Das Bremische Moor.
(Nach zwei Aufsätzen im Bremer Sonntagsblatte, 1853, No 26 und 1854 No 46, 47; von Herrn Hermann Allmers.)

Aus: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden, gesammelt und herausgegeben von D. Friedrich Köster. 1856. Gefunden bei und zitiert nach Wikisource.

Diese drei Landstriche geben nun auch den Bewohnern desselben einen eigenthümlichen Charakter; dem Lande wie den Leuten nach, könnte man der Geest ein sanguinisches Temperament zuschreiben, der Marsch ein phlegmatisches und dem Moor ein melancholisches.

Ein Moor bildet sich in Niederungen, in welchen Wasser versumpft, und zwar besonders, wenn es durch Quarzsand, Granit und andere Urgebirgsarten sickert, [028] äußerst wenig, wenn durch Mergel, Kalk und Lehm. Seine Entstehung geschieht in folgendem Stufengange. Zuerst zeigen sich schleimige Wasserfäden (Conserven), welche nach Jahren den ganzen Sumpf in eine dicke grüne Masse verwandeln. In diesen wurzelt dann das Torfmoos, die bedeutendste aller Moorpflanzen, welches alle Winter zusammen sinkt, alle Frühlinge neu empor quillt, und allmählich dichte Polster bildet, in welchen dann andere, mehr holzige Pflanzen Boden finden können. Das Wollgras stellt sich ein, die Sumpfhaide u. s. w. und zuletzt der stark riechende Gagelstrauch, welche fortwuchernd zuletzt die ganze Niederung ansfüllen. Aber wie viele Jahrhunderte waren erforderlich, um die vorhandenen, aus vermoderten Pflanzengeschlechtern bestehenden, Torflager von 30, 50, ja 80 Fuß Tiefe hervorzubringen!

Die Wiesenmoore treten wie ein Keil hervor, je nachdem entweder die Marsch oder die Geest in eine Spitze ausläuft. So bei Stotel, Wulsdorf nnd Geestendorf. Mitten in denselben finden sich hie und da höchst seltsame Wasserbecken, sehr tief, und meist gefüllt mit klarbraunem, eisigkalten Wasser, oder auch mit einem dünnen schwarzen Schlamme. Hier treten dann Schilfgräser an die Stelle des Torfmooses, und überziehen das Ganze mit einem engverfilzten Gewebe, so daß zuletzt runde schwimmende Wiesen entstehen, Dobben genannt. Gefährlich ist’s, diese Dobben zu betreten, wenn sie noch nicht ganz zugewachsen sind; und auch späterhin zittert der zähe Boden, wenn er mit Pferden und Wagen befahren wird. Diese Eigenschaft hat der Moorboden überhaupt; ja nicht selten bildet er ein schwimmendes Land, wovon das Dorf Waakhausen im Amte Osterholz das berühmteste Beispiel ist.

Das eigentlich wilde Moor aber gewährt noch immer einen tief melancholischen Anblick durch seine schwarzbraunen Flächen, welche nur von schwarzen Torfhaufen und elenden Hütten unterbrochen werden. Hierzu kommt, daß die Stille daselbst nur von wenigen Thierarten belebt wird, als dem Birkhuhne, der Moorschnepfe, dem Rohrdommel, uud der gespenstischen Sumpfeule: selbst Insecten sind selten, und nur die Kreuzotter, Eidechsen und Frösche finden sich häufig. Der Grund hievon liegt wohl in der eigenthümlichen Kälte des Moorbodens, welcher das Wintereis lange bewahrt, so daß die Torfgräber oft noch in der Mitte des Juni auf Eisschichten stoßen.

Die Bremischen Moore durchkreuzen von Lesum ab die ganze Landdrostei Stade, fast vier Quadratmeilen groß zwischen der Wümme, Wörpe und Hamme: ihre wüsteste Gegend ist, wie schon der Name andeutet, das Teufels-Moor. Nur an zwei Punkten bieten sie bequeme Pässe, bei Gnarrenburg, wo die Tilly’schen Schaaren abgewehrt wurden, und bei Bremervörde.

Die Bewohner der Moore, welche Kanäle in der Nähe haben, sind längst zu einigem Wohlstande gelangt. Diejenigen aber, welche noch ohne Kanäle im Sumpfe sitzen, [031] bleiben im Winter fast von allem Weltverkehr, selbst von ihren Nachbaren, abgeschlossen, und haben oft mit der bittersten Armuth zu kämpfen. Die Kolonien, welche die Regierung in solchen Gegenden angelegt hat (z. B. bei Gnarrenburg und Worpswede und in Hymendorf) kommen derselben meist theuer zu stehen. Die Lage der Schullehrer unter diesen Torfbauern ist neuerlich verbessert worden; aber noch immer mussen sie im Sommer, um nicht Noth zu leiden, an der schweren Arbeit des Torfstechens Theil nehmen.

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