Romantische Schneelandschaften, Glühwein, Driving home for Christmas, Familienidylle, verdientes Chillen zum Jahresausklang … alljährlich eine Zeit voller Bilder und Sehnsüchte.
Und dann Corona … Oh je! Oder vielleicht doch nur halb so schlimm und wird schon gut gehen? Angesichts sinkender Infektionszahlen und der in Aussicht gestellten Lockerungen zum Weihnachtsfest könnte man ja vielleicht unsicher werden. Wie wollt ihr Weihnachten feiern?
Ich fürchte, die kommenden sechs Wochen werden sehr entscheidend und potenziell lebensgefährlich sein. Ich würde gerne möglichst viele Mitmenschen überzeugen, sich und ihren Lieben das Schlimmste zu ersparen.
Die Fakten
- Das SARS-Cov-2-Virus ist ein emotionsloser winziger Eiweißklumpen, dem christliche Feiertage völlig egal sind, genauso übrigens wie islamische oder jüdische Feiertage.
- Der steile Anstieg der Infektionszahlen vom Oktober ist gestoppt. Seit dem 8. November und damit eine Woche nach Inkrafttreten des „Lockdown light“ stagnieren die Neuinfektionen auf hohem Niveau. In der Folge ebenfalls seit Wochen kaum verändert die Zahl aktiv Infizierter. Sie wird bekanntlich nur geschätzt und liegt bei ca. 300.000, also etwa 0,36 % der Bevölkerung.
- In den Regionen ist das Infektionsgeschehen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während sich einige Städte und Landkreise positiv entwickeln, kommt es in anderen zu teilweise unerwarteten und manchmal rasanten Ausbrüchen.
- Anders als zu Beginn der Pandemie noch gedacht, wird das Virus nicht nur durch Tröpfcheninfektion weitergegeben. Entscheidend beteiligt sind auch Aerosole, unsichtbare Sprühnebel mit kleinsten virushaltigen Partikeln. Sie können das Virus in geschlossenen Räumen über viele Meter verbreiten. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion über Aerosole steigt mit der Dauer des Aufenthaltes und nimmt ab mit der Größe und Höhe des Raumes, dem Schutzfaktor getragener Masken und der Intensität von Lüftung bzw. Luftreinigung. Mit Hilfe dieser Parameter lässt sich das durchschnittliche Infektionsrisiko in einem Raum abschätzen. Ein solches mathematisches Modell hat die Arbeitsgruppe um Prof. Jos Lelieveld in der Abt. Atmosphärenchemie am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelt und im November publiziert (Originalarbeit). In „Zeit Online“ ist das Modell von einer Autorengruppe um Fabian Dinklage am 26.11. sehr anschaulich präsentiert (Artikel).
- Deutschlands Intensivstationen sind seit Wochen sehr stark belastet. Die Anzahl an Patienten mit Covid-19 nimmt weiter zu, wenn auch langsamer als im Oktober. Ihr Anteil an der Gesamtzahl von Intensivpatienten ist regional sehr unterschiedlich, zwischen 3 % in Schlesweig-Holstein und 27 % in Berlin. Derzeit werden täglich gut 500 neue Covid-Patienten auf deutschen Intensivstationen aufgenommen. Lt. DIVI-Intensivregister waren in 1.287 meldenden Kliniken von 20.541 Erwachsenenbetten am 3. Dezember noch 4.325 frei. Ob diese frei gemeldeten Betten tatsächlich für die Versorgung von Patienten zur Verfügung stehen, ist sehr strittig. Schon jetzt sind vermeintlich freie Betten wegen des Mangels an qualifiziertem Personal oftmals nicht belegbar und die Berichte von Notärztinnen und Notärzten über zum Teil mehr als 100 km weite Verlegungsfahrten häufen sich.
- Lt. ARD-DeutschlandTrend vom 3.12. halten 53 % der Befragten die Ausnahme hinsichtlich der Kontaktbeschränkungen über die Weihnachtstage für „eher richtig“. Mehr als die Hälfte hat also wenig oder keine Bedenken, dass sich zehn Erwachsene aus beliebig vielen Haushalten zusammen mit beliebig vielen bis zu 14-Jährigen in geschlossenen Räumen aufhalten.
- Die Fallsterblichkeit von Corona-Infizierten liegt in Deutschland derzeit bei >60-Jährigen zwischen 2.0 und 2.5 %, bei über 80-Jährigen bei 12.1 bis 13.5 %.
Meine Prognosen
- Über Weihnachten werden sich viele Menschen verschiedener Generationen aus eigentlich getrennten Haushalten über Stunden innerhalb geschlossener Räume treffen. Selbst wenn es uns im Landkreis gelingt, die Infektionszahlen bis dahin halbwegs im Griff zu halten, werden auch Menschen aus höher belasteten Regionen dabei sein. Wenn sich ein Infizierter an Weihnachten mit beispielsweise 14 Menschen 5 Std. lang in einem Raum von 40 m2 aufhalten sollte, wird er statistisch drei weitere infizieren.
- Die Infektionszahlen werden deshalb ab Jahresbeginn 2021 nochmals merklich ansteigen. Wie das aussehen kann, zeigt der Verlauf der Neuinfektionen in den USA, wo man Ende November schon Hoffnung auf ein Abflauen der 3. Welle hatte. Wenige Tage nach Thanksgiving, dem wichtigsten Familienfest der US-Amerikaner, kam es dann aber zu einem erneuten Anstieg der Zahlen. In Deutschland wird der Anteil über 60-Jähriger und über 80-Jähriger hoch bleiben. Demzufolge werden auch kritische Verläufe ab der 2. Januarwoche nochmals häufiger werden.
- Zum Anstieg der Covid-Fallzahlen wird hinzukommen, dass pflegerisches und ärztliches Fachpersonal in Folge eigener Erkrankung, Isolation oder Quarantäne häufiger ausfällt. Die gewohnte intensivmedizinische Maximalversorgung wird nicht mehr überall und zu jeder Zeit vorausgesetzt werden können. Das betrifft dann nicht nur Covid-Patienten, sondern auch Menschen mit Herzinfarkt, anderen schweren Erkrankungen oder nach schweren Verkehrsunfällen.
- In der Folge wird die Fallsterblichkeit auch in Deutschland zunehmen.
Was kann man tun?
- Vermeidet es auf Teufel komm raus, euch selbst oder eure Lieben über Weihnachten oder Silvester zu infizieren.
- Wenn irgend möglich: Indoor-Weihnachten nur in der gewohnten Umgebung mit den Menschen im eigenen Haushalt.
- Für Verwandte und Freunde, die eure Nähe brauchen oder deren Nähe ihr braucht, gibt es meines Erachtens diese Optionen:
- Video-Weihnacht: Bei Freunden in den USA stand an Thanksgiving neben dem Truthahn ein Tablet auf dem Tisch. Darauf lief stundenlang die Familien-Videokonferenz. Jetzt wäre noch Zeit, allen Familienmitgliedern eine geeignete Infrastruktur zu basteln.
- Outdoor-Weihnacht: Draußen mit 1.50 m Abstand hat das Virus kaum eine Chance.
- Masked Xmas: Wenn es unbedingt drinnen sein muss, können Masken und eine zeitliche Beschränkung auf 60 (besser natürlich 30) Minuten das Infektionsrisiko deutlich mindern. Mindestens alle >60-Jährigen sollten dann FFP2-Masken verwenden.
- Wenn es unbedingt drinnen und ohne Maske sein muss, kann eine selbst auferlegte Quarantäne von 5 Tagen vor dem Treffen mit anschließendem PCR-Test (am Tag vor dem Treffen) oder AG-Schnelltest (am Tag des Treffens) das Infektionsrisiko drastisch senken. Die sonstigen Hygieneregeln sollten natürlich weiterhin Beachtung finden.
Zu guter Letzt
Am Ende wird alles gut … und wenn es noch nicht gut ist, war es noch nicht das Ende.
Ich bin sehr, sehr zuversichtlich, dass unser Leben schon zu Ostern um ein Vielfaches angenehmer, bunter und menschlicher sein wird. Bleibt bis dahin gesund ?♂️
Lieben Dank Herr Häuser! Ja es wird mit vielen Tränen verbunden sein gerade für die Omis und Opis , und Die alleine zu Hause sitzen aber sie haben recht wir müssen da durch ich hoffe ebenfalls dass sich ganz ganz viele daran halten ?? alles Liebe für Sie und Ihrer Familie !
Das wünsche ich Ihnen auch!
Sehr gut und verständlich geschrieben; hoffentlich halten sich möglichst viele daran. Wir alle möchten ja baldmöglichst unser „ altes“ Leben zurück.
?
Lieber Jürgen,
ich danke Dir sehr für die wichtige und immer wieder nötige Information.
Bleib gesund!
Lieber Martin, danke für die netten Worte und bleibt ihr auch gesund!
Schöne Adventszeit!