Benutzungspflicht linksseitig aufgehoben, Fußweg re. freigegeben
Jetzt gilt also:
- Die Benutzungspflicht des linksseitigen Radwegs ist aufgehoben. Dieser darf somit in Richtung Scharmbeckstotel (bis zur Bedarfsampel) nicht mehr befahren werden.
- Radfahrer sollen jetzt vom Kreisel bis zur Ampel auf der Fahrbahn radeln, dürfen aber auch den freigegebenen rechtsseitigen Fußweg (s. Foto) benutzen. Dort haben sie (wie immer auf derartigen Wegen) auf Fußgänger besondere Rücksicht zu nehmen, Fußgänger haben absoluten Vorrang.
- Ab der Bedarfsampel direkt hinter der ARAL besteht wieder Benutzungspflicht des linksseitigen Radwegs. Hier ist also an der Ampel die Fahrbahn zu kreuzen.
Und so war die Situation vorher (Originalartikel vom 24.9.2019)
Für den Radverkehr besteht dort in meinen Augen dringender Handlungsbedarf. Der ab Linteler Kreisel benutzungspflichtige Radweg in Richtung Scharmbeckstotel ist 2014 bei der Aufhebung der Benutzungspflicht fast aller Radwege in Osterholz-Scharmbeck übrig geblieben. Ich habe das schon damals sehr bedauert, weil die Tankstellenausfahrt für Radfahrer „entgegen der Fahrtrichtung“ ein hohes Unfallrisiko darstellt. Auch der ADFC Osterholz hat im Sommer 2019 hiesige Parteien und Stadtverwaltung bei Ortsterminen genau auf diesen Gefahrenpunkt hingewiesen. Das Teilstück der Ritterhuder Straße (hier K5) ist mit 13.850 Kfz / 24 Std. (davon 178 Lkw) eine vielbefahrenen Straßen (Quelle: Entwurf Lärmaktionsplan der Stadt Osterholz-Scharmbeck, Stand 4.2018), im städtischen Verkehrsentwicklungsplan eine der Rad-Hauptrouten und außerdem Bestandteil des Radverkehrsnetzes im Kommunalverbund Niedersachsen/Bremen.
Ein ganzes Füllhorn an Problemen
In der jetzigen Form ist der Radweg in Richtung Scharmbeckstotel in vielerlei Hinsicht problematisch:
Schlechter Anfang
Falsche Seite
Unfallforschern ist die Gefahr von Radwegen auf der linken Straßenseite lange bekannt. Auch in meiner eigenen Statistik polizeilich gemeldeter Unfälle mit Radfahrern im LK OHZ 2014 ist es die häufigste genannte Ursache. 40 % der von Pkw-Fahrern verschuldeten Unfälle ereigneten sich auf linksseitigen Radwegen. Das liegt in der Hauptsache daran, dass Autofahrer an Einmündungen nicht mit Radfahrern aus der vermeintlich falschen Richtung rechnen und diese übersehen.
Ungenügend gesicherte Tankstellen-Zufahrt
Lösungswege
In Fahrtrichtung OHZ stadteinwärts ist der Radweg in Ordnung. In dieser Richtung erfüllt er auch die Vorgaben der VwV-StVO (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung 2017) zur Benutzungspflicht. Unter anderem ist er auch an der Tankstellenzufahrt ausreichend sicher und seine Linienführung ist auch für Ortsfremde erkennbar.
In Gegenrichtung allerdings, also stadtauswärts Richtung Scharmbeckstotel, ist er höchst problematisch. Die Breite von 2.50 m inkl. Seitenstreifen ist für eine Benutzungspflicht gerade noch grenzwertig. Mindestbreite laut ERA 2010 (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen Ausgabe 2010) wären zwar 3.00 m. Da aber die verbindlichen VwV-StVO für Zweirichtungs-Wege keine Mindestbreite nennen (lediglich ≥ 2.50 m für kombinierte Rad-/Fußwege im Allgemeinen), mag man angesichts des hier geringen Fußgängeraufkommens noch flexibel sein. Mit der ungenügend gesicherten Tankstellenzufahrt und der völlig unzureichenden Beschilderung am Anfang verfehlt er aber die Voraussetzungen für eine Benutzungspflicht gleich in zwei wesentlichen Punkten.
Damit ergeben sich aus meiner Sicht zwei Optionen, den Radverkehr sicher in Richtung Scharmbeckstotel zu führen. Entscheidend für die Auswahl ist die Frage, ob die Benutzungspflicht auf der linken Seite aufrecht erhalten werden soll. Die Anordnung einer solchen setzt voraus, dass aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse eine Gefahrenlage insbesondere für Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmenden sowie für Sacheigentum besteht, die das allgemeine Risiko erheblich übersteigt. Außerdem müssen die in den VwV-StVO angegebenen Mindestanforderungen an den Radweg eingehalten sein. Die Anordnung der Benutzungspflicht ist als Dauerverwaltungsakt im Hinblick auf ggf. veränderte Sachverhalte regelmäßig zu überprüfen. (Quelle: Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr: Leitfaden Radverkehr der NLStBV – (PDF 7.4 Mb))
Alternative 1: Aufhebung der Benutzungspficht in Richtung Scharmbeckstotel
Vorteile dieser Alternative sind schnelle Umsetzbarkeit, geringe Kosten und Stetigkeit. Die Regeln für Radfahrer wären vor und nach dem Kreisel identisch. Eine gesicherte Überleitung zu dem ab Ortsausgang benutzungspflichtigen Radweg existiert bereits an der Bedarfsampel, die auch angenehm schnell reagiert. Im Idealfall entfallen die Konfliktsituationen an der Tankstellenausfahrt durch linksseitigen Radverkehr völlig.
Dieser Idealfall kann derzeit leider nicht ohne Weiteres erwartet werden, was mich zum einzigen Nachteil dieser Lösung führt: Die große Mehrheit der Radfahrer befährt vor dem Kreisel weiterhin den nicht freigegebenen linksseitigen Radweg, der bis 2014 noch in beide Richtungen benutzungspflichtig war. Dieses regelwidrige Verhalten wird in Deutschland nach Aufhebung der Benutzungspflicht vielerorts beobachtet. Einer Untersuchung der TU Berlin zur Folge benutzen danach nur ca. 4 % der Radfahrer die Fahrbahn. Gründe dafür sind die Unkenntnis der einschlägigen Verkehrsregeln bei 85 % der Radfahrer und ein höheres Sicherheitsempfinden auf Radwegen bei 90 % der Radfahrer. (Quelle: Richter T et al.: Aufhebung der Benutzungspflicht von Radwegen; Unfallforschung der Versicherer, 2018)
Man muss bei dieser Variante also damit rechnen, dass auch nach Aufhebung der Benutzungspflicht ein Großteil der Radfahrer weiterhin auf der Tankstellenseite radelt und der gleichen Gefahr ausgesetzt ist wie jetzt. Wichtig wären weitere Überlegungen, wie der Verkehr vor oder spätestens am Kreisel auf die regelkonforme rechte Seite geleitet werden kann. Das würde in meinen Augen am besten mit einem Schutzstreifen auf ganzer Länge der Ritterhuder Straße gelingen.
Alternative 2: Beibehaltung der Benutzungspflicht
Die Tankstellenauffahrten müssen entschärft werden, dafür sieht die ERA 2010 folgende Maßnahmen vor:
- Verkehrszeichen 206 StVO „Halt! Vorfahrt gewähren“ (sog. Stopp-Schild),
- Anhebung der Radverkehrsfurt,
- Fahrrad-Piktogramme mit gegenläufigen Pfeilen und
- Einfärbung der Furt,
wobei die Anhebung der Furt lt. ERA das wirksamste Mittel ist und bei Zweirichtungsradwegen wie hier in der Regel angewandt werden sollte.
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Im Ausschnitt li. das Zeichen 240 StVO in weiter Ferne
Ja da bin ich bei dir. Ich bin für deine Variante 2. Dann wäre das Radfahren in dem Bereich sicherer……