Ich bin immer noch slighlty shocked und etwas peinlich berührt, wie wenig Ahnung ich von der Straßenverkehrsordnung habe. Und das mir, wo ich doch seit vielen Jahren gerne und grad in den letzten drei Jahren durchaus auch engagiert Rad fahre. Mich seit 2012 gar für Radverkehrspolitik interessiere und redlich mühe, die Hintergründe zu verstehen und Standpunkte zu entwickeln. Aber dieses Schild beispielsweise habe ich bis gestern falsch gedeutet. Allerdings weiß ich mittlerweile, dass es Vielen so geht … und dass die Mehrzahl der zuständigen Straßenverkehrsbehörden in Deutschland mit diesem und vergleichbaren Schildern ganz falsch umgehen. Wollen Sie wissen, warum?
Ich dachte bislang, bei diesem Schild handelt sich um eine „nette Geste“ für Fahrradfahrer, die ihnen zu ihrer Sicherheit erlaubt, den Gehsteig mitzubenutzen. Naja, in gewisser Weise stimmt das ja auch. Die eigentliche Bedeutung des Schildes ist aber, den betreffenden Weg für Radfahrer zum benutzungspflichtigen Radweg zu deklarieren.
Grundsätzlich nämlich haben nach der geltenden StVO auch Radfahrer (Entschuldigung: Rad Fahrende 🙂 ) die Fahrbahn zu benutzen. Dies ist bereits seit der Novellierung 1997 Bestandteil der StVO und beruht auf der Erkenntnis, dass gesonderte Radwege in vielen Fällen ein höheres Unfallrisiko für Radfahrer bedeuten als die Benutzung der Fahrbahn. Baulich abgesetzte Radwegen führen vermehrt zu Konflikten mit Fußgängern, außerdem besteht insbesondere an Kreuzungen und Einmündungen ein hohes Unfallrisiko durch einfahrende und abbiegende Autofahrer, da diese durch oft schlechte Sichtbeziehung mit kreuzenden Radfahrern nicht rechnen und Radfahrer sich wegen des subjektiven Sicherheitsgefühls eines Radweges zu sorglos verhalten.
StVO §2 Abs 4: „Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist.“
Rechtlich gesehen bedeutet Zeichen 240 also eine Einschränkung der Rechte von Radfahrern, und eine solche Einschränkung der Rechte ist nur unter ganz bestimmten Bedingungen zulässig. Dies regelt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung, u.a. so:
Benutzungspflichtige Radwege dürfen nur angeordnet werden, wenn ausreichende Flächen für den Fußgängerverkehr zur Verfügung stehen. Sie dürfen nur dort angeordnet werden, wo es die Verkehrssicherheit oder der Verkehrsablauf erfordern.
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Voraussetzung für die Kennzeichnung ist, daß
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2. die Benutzung des Radweges nach der Beschaffenheit und dem Zustand zumutbar sowie die Linienführung eindeutig, stetig und sicher ist. Das ist der Fall, wenn
a) er unter Berücksichtigung der gewünschten Verkehrsbedürfnisse ausreichend breit, befestigt und einschließlich einem Sicherheitsraum frei von Hindernissen beschaffen ist. Dies bestimmt sich im allgemeinen unter Berücksichtigung insbesondere der Verkehrssicherheit, der Verkehrsbelastung, der Verkehrsbedeutung, der Verkehrsstruktur, des Verkehrsablaufs, der Flächenverfügbarkeit und der Art und Intensität der Umfeldnutzung. Die lichte Breite (befestigter Verkehrsraum mit Sicherheitsraum) soll in der Regel dabei durchgehend betragen:
aa) Zeichen 237
– baulich angelegter Radweg möglichst 2,00 m mindestens 1,50 m
– Radfahrstreifen … möglichst 1,85 m mindestens 1,50 m
bb) Zeichen 240 – gemeinsamer Fuß- und Radweg
innerorts mindestens 2,50 m
außerorts mindestens 2,00 m
cc) Zeichen 241 – getrennter Fuß- und Radweg
Für den Radweg mindestens 1,50 mAusnahmsweise und nach sorgfältiger Überprüfung kann von den Mindestmaßen dann, wenn es aufgrund der örtlichen oder verkehrlichen Verhältnisse erforderlich und verhältnismäßig ist, an kurzen Abschnitten (z. B. kurze Engstelle) unter Wahrung der Verkehrssicherheit abgewichen werden.
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b) die Verkehrsfläche nach den allgemeinen Regeln der Baukunst und Technik in einem den Erfordernissen des Radverkehrs genügendem Zustand gebaut und unterhalten wird undc) die Linienführung im Streckenverlauf und die Radwegeführung an Kreuzungen und Einmündungen auch für den Ortsfremden eindeutig erkennbar, im Verlauf stetig und insbesondere an Kreuzungen, Einmündungen und verkehrsreichen Grundstückszufahrten sicher gestaltet sind.
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III. Über die Kennzeichnung von Radwegen mit den Zeichen 237, 240 oder 241 entscheidet die Straßenverkehrsbehörde nach Anhörung der Straßenbaubehörde und der Polizei. In die Entscheidung ist, soweit örtlich vorhanden, die flächenhafte Radverkehrsplanung der Gemeinden und Träger der Straßenbaulast einzubeziehen. Auch kann sich empfehlen, zusätzlich Sachkundige aus Kreisen der Radfahrer, der Fußgänger und der Kraftfahrer zu beteiligen.IV. Die Straßenverkehrsbehörde, die Straßenbaubehörde sowie die Polizei sind gehalten, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Radverkehrsanlagen auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu prüfen und den Zustand der Sonderwege zu überwachen. Erforderlichenfalls sind von der Straßenverkehrsbehörde sowie der Polizei bauliche Maßnahmen bei der Straßenbaubehörde anzuregen.
Aufschlussreich zur Frage, wann genau eine Benutzungspflicht für Radwege verfügt werden darf, ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom November 2010 (BVerwG 3 C 42.09):
Leitsatz: Eine Radwegebenutzungspflicht darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das all- gemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt (§ 45 Abs. 9 Satz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung – StVO).